Bei Bindungsangst kommt es oft zu Rückzugsphasen

Bei Bindungsangst: Wie lange dauert eine Rückzugsphase?

Bei meinem Partner mit Bindungsangst gibt es jetzt eine erste Rückzugsphase. Gibt es Erfahrungswerte, wie lange bei Bindungsangst Rückzugsphasen dauern? Wovon hängt es ab, wie lange sie dauert?

Die Dauer einer Rückzugsphase bei jemandem mit Bindungsangst kann von verschiedenen Faktoren abhängen. Es gibt keine festen Regeln oder Erfahrungswerte, wie lange eine solche Phase dauert.

Einige Faktoren, die die Dauer einer Rückzugsphase beeinflussen können, sind:

  • Schweregrad der Bindungsangst: Je ausgeprägter die Bindungsangst ist, desto länger kann die Rückzugsphase dauern.
  • Ursachen der Bindungsangst: Wenn die Bindungsangst auf frühere traumatische Erfahrungen zurückzuführen ist, kann es länger dauern, bis die Person sich sicher genug fühlt, um wieder Nähe zuzulassen.
  • Beziehungsverlauf: Wenn die Beziehung bereits viele Höhen und Tiefen hatte oder wenn es in letzter Zeit viele Konflikte gab, kann dies die Dauer der Rückzugsphase verlängern.
  • Persönlichkeit des Partners mit Bindungsangst: Jeder Mensch ist einzigartig und reagiert anders auf Stress. Einige Menschen können schneller aus einer Rückzugsphase herauskommen als andere.

Rückzug schafft Distanz

Bei jemandem mit Bindungsangst ist ein Rückzug eine Möglichkeit der Distanzierung. Nähe ist einerseits erwünscht, andererseits wird sie als bedrohlich erlebt. Durch eine Rückzugsphase wird versucht, die emotionale Unabhängigkeit zu erreichen. Es vermeidet Unsicherheit.

Was denkt jemand mit unsicherem Bindungsverhalten in einer Rückzugsphase?

Menschen mit unsicherem Bindungsverhalten können in einer Rückzugsphase unterschiedliche Gedanken und Gefühle haben. Einige mögliche Gedanken könnten sein:

„Ich brauche Zeit für mich und meine Gedanken, um herauszufinden, was ich wirklich will.“
„Ich habe Angst vor Intimität und Nähe und ziehe mich zurück, um mich zu schützen.“
„Ich bin unsicher, ob ich dieser Beziehung gewachsen bin und ob ich wirklich eine Verbindung mit meinem Partner aufbauen möchte.“

Was die Vermutungen betrifft, wie ihr Verhalten von der Partnerin erlebt wird, können unsichere Bindungspartner auch hier unterschiedliche Gedanken haben. Einige mögliche Gedanken könnten sein:

Bindungsangst Rückzug: Wirkung auf die Partnerin „Sie wird bestimmt denken, dass ich sie nicht mehr mag oder dass ich nicht ernsthaft an dieser Beziehung interessiert bin.“
„Sie wird bestimmt denken, dass ich sie ablehne oder vermeide, weil sie etwas falsch gemacht hat.“
„Sie wird bestimmt denken, dass ich emotional unreif oder egoistisch bin, weil ich mich zurückziehe.“

Ob es jemandem mit unsicherem Bindungsverhalten leidtut, wenn seine Partnerin unter seinem Verhalten leidet, hängt von der Person und der Situation ab. Einige Menschen mit unsicherem Bindungsverhalten können sich schuldig fühlen oder bedauern, dass ihr Verhalten ihre Partnerin verletzt oder frustriert. Andere können jedoch weniger Empathie für die Bedürfnisse und Gefühle ihrer Partnerin haben und sich mehr auf ihre eigene Unsicherheit und Angst konzentrieren.

Weiß der, der sich zurückzieht, wie das auf die Partnerin wirkt?

Haben beziehungsängstliche Menschen kein Mitgefühl mit Menschen, denen sie einen plötzlichen und unerwarteten Rückzug zumuten?

Empathie: Wie wirkt mein Rückzug auf andere?

Empathie ist die Fähigkeit, die Gefühle, Gedanken und Perspektiven anderer zu verstehen und mitzufühlen.  Menschen mit Bindungsangst haben oft Schwierigkeiten, sich emotional zu öffnen und ihre eigenen Gefühle auszudrücken. Das macht es ihnen möglicherweise schwer, die Gefühle anderer zu verstehen und mitzufühlen. Eine Tendenz, sich emotional zurückzuziehen oder Beziehungen zu vermeiden, macht es schwieriger, sich in die Erfahrungen und Gefühle anderer einzufühlen. Wer sich emotional zurückzieht wird es auch vermeiden, den anderen zu fragen: „Wie geht es Dir damit, wenn ich mich plötzlich und unerwartet zurückziehe?“ Das Gespräch über Gefühle ist der einfachste Weg, um Verständnis und Empathie zu entwickeln.  Eine gewaltfreie Kommunikation über Gefühle bedeutet, dass man über die eigenen Verletzungen spricht – in der Hoffnung, dass der andere sich dann ebenfalls öffnet. Das schafft größere Nähe und Intimität. Das richtige Maß ist hier sehr entscheidend: Wird die Nähe zu groß, dann wird es für einen Bindungsängstlichen bedrohlich.

Seien Sie geduldig sind und Ihrem Partner. Geben Sie ihm Raum und Zeit, um seine Bindungsangst zu überwinden. Es kann hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, um die Beziehung zu stabilisieren und Ihrem Partner Unterstützung bei der Bewältigung seiner Ängste zu bieten.

Es gibt auch Menschen mit Bindungsangst, die keine Rückzugsphasen haben. Bindungsangst ist ein komplexes Thema und äußert sich bei jedem Menschen unterschiedlich. Einige Menschen mit Bindungsangst haben das Bedürfnis, sich von ihren Partnern zurückzuziehen, um ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu bewahren. Bei anderen zeigt sich die Bindungsangst durch andere Verhaltensweisen.

Rückzug nach Intimität

Gerade noch war es besonders schön und es schien alles auf einem guten Weg. Und dann kommt wie aus dem Nichts ein plötzlicher Rückzug. Für Partner ist es schockierend, wenn sich jemand mit Bindungsangst nach einer für beide Seiten erfüllenden Begegnung zurückzieht. Das ist nur schwer zu verstehen. Was passiert bei Rückzug nach Intimität? Gerade beim Sex öffnet sich das Herz, man ist besonders verletzlich. Wenn jemand als Kind oder als Erwachsener erlebt hat, dass Vertrauen missbraucht wurde oder man tief verletzt wurde, dann kann die eigene Offenheit die Angst vor einer erneuten Verletzung oder einem neuen Verlust auslösen. Der Rausch des Erlebnisses hat von der zugrundeliegenden Angst abgelenkt. Wenn man dann von der Euphorie des Augenblicks wieder in die Niederungen des täglichen Lebens herabsteigt, dann meldet sich die nur oberflächlich verheilte Verletzung und die damit verbundene Angst wieder.

Menschen mit Bindungsangst haben oft Schwierigkeiten, sich emotional auf andere einzulassen und ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Wenn dann die Beziehung enger wird und ihre Gefühle an die Oberfläche kommen, können sie sich überfordert und überwältigt fühlen. Dies kann zu einem Schutzmechanismus führen, bei dem sie sich zurückziehen, um ihre Emotionen zu kontrollieren und möglichen Schmerz zu vermeiden.

Haben introvertierte Menschen eher Bindungsangst?

Introvertiert oder Bindungsangst? Introvertierte Menschen neigen tendenziell eher dazu, ihre Gedanken und Gefühle zurückzuhalten und weniger offensiv in Beziehungen zu agieren. Das kann dazu führen, dass sie zurückhaltender in Beziehungen sind. Allerdings können auch extravertierte Menschen Bindungsangst haben, wenn sie Schwierigkeiten haben, sich emotional zu öffnen oder tiefe Verbindungen zu anderen aufzubauen.

Seien Sie vorsichtig mit der Verwendung von psychologischen Begriffen. Es ist nicht sinnvoll, jemanden allein aufgrund seines Introvertiertseins als bindungsängstlich zu etikettieren.

Mehr dazu: Introvertierte und Bindungsangst

Woran kann man erkennen, ob ein potenzieller Partner Bindungsangst
oder kein Interesse hat?

Es kann schwierig sein, die Unterschiede zwischen Bindungsangst und Desinteresse zu erkennen, da beide ähnliche Verhaltensweisen und Signale aufweisen können. Gibt es Anzeichen, die darauf hinweisen könnten, dass ein potenzieller Partner an Bindungsangst leidet oder einfach kein Interesse hat?

Anzeichen für Bindungsangst:

  • Der Partner vermeidet es, über die eine gemeinsame Zukunft zu sprechen oder Pläne zu machen.
  • Der Partner scheint oft unsicher oder unentschlossen darüber zu sein, was er/sie will.
  • Der Partner zieht sich oft zurück oder gibt unklare oder gemischte Signale.
  • Dem Partner fällt es schwer, Intimität und Nähe zuzulassen oder seine Zuneigung auszudrücken.
  • Der Partner hat möglicherweise in der Vergangenheit Beziehungsprobleme oder -traumata erlebt.

Anzeichen für Desinteresse:

  • Der Partner scheint nicht viel Interesse an Ihren Interessen oder Ihrem Leben zu haben.
  • Der Partner initiiert selten Kontakt oder bemüht sich nicht, Pläne zu machen oder Zeit mit Ihnen zu verbringen.
  • Der Partner scheint nicht emotional engagiert zu sein und zeigt wenig bis gar keine Anzeichen von Zuneigung oder Zärtlichkeit.
  • Der Partner kann uninteressiert oder desinteressiert wirken, wenn Sie versuchen, eine tiefere Verbindung aufzubauen.

Natürlich kann es auch vorkommen, dass jemand sowohl desinteressiert ist, als auch Bindungsangst hat. Es ist am besten, Ihre Bedenken offen und ehrlich mit Ihrem potenziellen Partner zu besprechen und sicherzustellen, dass Sie beide interessiert sind, bevor Sie in eine Beziehung eintreten.

Forschungsergebnisse zum Nähe-Distanz-Problem

Das Nähe-Distanz-Problem beschreibt das Spannungsfeld zwischen dem Wunsch nach emotionaler Nähe und dem Bedürfnis nach persönlicher Autonomie in zwischenmenschlichen Beziehungen. Neueste Forschungsergebnisse beleuchten dieses Spannungsfeld und bieten wertvolle Einsichten in seine Dynamik und Bewältigungsstrategien.

  • Bindungsstil: Ein Schlüsselbefund aus aktuellen Studien ist die Rolle des Bindungsstils. Menschen entwickeln aufgrund früher Kindheitserfahrungen unterschiedliche Bindungsstile, die ihr Nähe-Distanz-Verhalten prägen. Sicher gebundene Personen balancieren Nähe und Autonomie meist harmonisch. Im Gegensatz dazu neigen ängstlich-ambivalent gebundene Personen zu übermäßiger Nähe und suchen ständige Bestätigung, während vermeidend gebundene Personen oft übermäßige Distanz wahren, um emotionale Verletzlichkeit zu vermeiden. Es kommt auch vor, dass bei einer Person unter bestimmten Bedingungen der eine, unter anderen Bedingungen das andere Bindungsverhalten sich zeigt.

  • Individuelle Stressbewältigung: Neue Studien zeigen, dass Personen mit hoher emotionaler Intelligenz besser in der Lage sind, das Nähe-Distanz-Gleichgewicht zu halten. Emotionale Intelligenz hilft, komplexe Situationen in Beziehungen schneller und besser zu erkennen. Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz erkennen ihre eigenen Bedürfnisse und die ihres Partners und reagieren darauf flexibel. Achtsamkeitsbasierte Interventionen haben sich als besonders wirksam erwiesen, um emotionale Intelligenz zu fördern und Beziehungskonflikte zu verringern.

  • Der Einfluss von digitale Kommunikation: Intensive Nutzung von Messangern wie WhatsApp verschärft das Nähe-Distanz-Problem zusätzlich. Während soziale Medien und Messaging-Apps die ständige Verbindung erleichtern, können sie auch Unsicherheiten verstärken und zu Missverständnissen führen. Forscher betonen die Notwendigkeit klarer Kommunikationsstrategien, um Missverständnisse zu minimieren und emotionale Nähe trotz physischer Distanz zu fördern.

    Jedes Wort hat für unterschiedliche Menschen unterschiedliche emotionale Schwingungen: Wegen eines Personenschadens ist die Bahnstrecke zwischen Chemnitz und Hof blockiert. Der Zug fährt zurück nach Chemnitz. Es ist unklar, ob die Strecke nur zwei oder oder vier Stunden unpassierbar ist. Es gibt keine Ausweichroute, um vor Mitternacht in München anzukommen. Der genervte Partner beschließt, in Chemnitz zu übernachten und erst am nächsten Morgen zu seiner Partnerin zu reisen. Er schreibt eine kurze Nachricht: „Bin in Chemnitz gestrandet. Werde hier übernachten. Bin morgen gegen Mittag bei dir.“  Für den Schreiber hat das Wort „gestrandet“ die emotionale Bedeutung: „unfreiwillig an der Weiterfahrt gehindert, nach Schiffbruch bin ich an einem unwirtlichen Strand zwar gerettet, komme aber nicht mehr voran. Ich kann leider heute Abend nicht bei Dir sein, obwohl ich mich so nach Dir gesehnt habe.“ Doch für die Empfängerin der Botschaft hat das Wort „gestrandet“ die emotionale Bedeutung: „Dir ist plötzlich die Idee gekommen, den wunderbaren Strand, eine bisher nicht gekannte Stadt zu erkunden. Ich bin Dir so wenig wichtig, dass Du nach dem gerade beigelegten Streit es nicht für nötig hältst, schnell zu mir zu kommen. Du willst mich also bestrafen!“

    Die knappe Botschaft löst also das Gegenteil von dem aus, was sie vermitteln sollte. Die gleiche Botschaft in einem Telefongespräch hätte schon am Klang der Stimme vermittelt, dass es dem Partner leidtut, nicht sofort bei ihr sein zu können. Und selbst wenn es ein Missverständnis gegeben hätte, hätte es am Telefon sofort ausgeräumt werden können. So wurde es erst nach einer unruhigen Nacht am nächsten Tag ausgeräumt.

  • Paartherapeutische Ansätze haben sich weiterentwickelt, um den Herausforderungen unterschiedlicher Bindungsstile zu begegnen. Neue Therapieformen wie die Emotionsfokussierte Paartherapie (EFT) legen besonderen Wert auf die emotionale Verbundenheit und helfen Paaren, ihre Bindungsmuster zu erkennen und zu transformieren.

Zusammenfassend zeigt die neueste Forschung, dass das Nähe-Distanz-Problem in Beziehungen tief verwurzelt und vielschichtig ist. Individuelle Bindungsstile, emotionale Intelligenz und moderne Kommunikationsmittel spielen dabei eine zentrale Rolle. Durch gezielte therapeutische Interventionen und eine bewusste Kommunikation können Paare lernen, ein ausgewogenes Verhältnis von Nähe und Autonomie zu erreichen und ihre Beziehung zu stärken.


Eine Feinstofftherapie kann helfen, die Bindungsangst aufzulösen.

Was tun, wenn der Partner Bindungsangst hat?

<?php if (function_exists('rank_math_the_breadcrumbs')) rank_math_the_breadcrumbs(); ?>